Die Geburt eines Babys stellt das ganze Leben auf den Kopf. Nichts ist nachher so wie es vorher einmal war. Auch die Paarbeziehung ändert sich. Aus Paaren werden Eltern, Mutter und Vater. In der ersten Zeit ist das Leben mit Baby so aufregend, dass vorerst die Bedürfnisse des Kindes im Fokus stehen und Paare damit beschäftigt sind, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen, sodass die Partnerschaft und auch Sex erstmal in den Hintergrund rücken. Aber mit der Zeit wünschen sich die meisten Paare wieder mehr Zweisamkeit und körperliche Nähe. Sex nach Geburt ist für viele Paare allerdings ein längerer Prozess.
Sex nach Geburt – wie lange sollte man warten?
Die Rückkehr zum Sexualleben ist für Paare ein unterschiedlich langer Prozess, denn jeder Mensch hat sein eigenes Tempo. Es gibt keinen fest vorgeschriebenen Zeitpunkt, an dem wieder sexuelle Lust verspürt werden muss. Grundlegend wichtig sind immer die gemeinsame Lust, gegenseitiges Vertrauen und Zuneigung.
- Ärztinnen und Ärzte empfehlen frischgewordenen Müttern erst dann wieder Sex zu haben, wenn der Wochenfluss vollständig aufgehört hat – also ca. sechs Wochen nach der Geburt. Das gilt sowohl für Sex nach vaginaler Geburt als auch für Sex nach Kaiserschnitt.
- In dieser Zeit heilen Geburtsverletzungen wie zum Beispiel ein Dammriss oder ein Dammschnitt.
- Ist der Wochenfluss noch nicht komplett versiegt, ist somit auch die Wundheilung noch nicht vollständig abgeschlossen. Dementsprechend besteht in dieser Zeit ein erhöhtes Infektionsrisiko.
- Wichtig ist auch, dass Sex nach Geburt niemals unter Schmerzen stattfinden sollte, so etwa nach einem Kaiserschnitt oder einer Dammnaht. Um eine Kaiserschnittnarbe musst Du Dir keine Sorgen machen, denn die äußere Wunde ist im Allgemeinen nach rund 3 Wochen gut verheilt.
Mein Tipp als Hebamme: In der Regel wird empfohlen 6 Wochen mit Sex nach Geburt zu warten. In jedem Fall sollte der Wochenfluss versiegt und Geburtsverketzungen verheilt sein. Bist Du Dir unsicher, kannst Du Dich an Deine Hebamme oder an Deine Frauenärztin bzw. Deinen Frauenarzt wenden.

Körperliche Veränderungen nach der Schwangerschaft und Geburt
Nach der Geburt ist das sexuelle Verlangen bei Frauen ganz unterschiedlich. Wichtig ist in jedem Fall, auf den eigenen Körper zu hören und ihm auch ausreichend Zeit zu geben, denn nach der Schwangerschaft zeigen sich einige körperliche Veränderungen:
Vagina und Klitoris
- Die Vagina muss sich nach der Geburt erst wieder erholen und zurückbilden, denn bei einer natürlichen Geburt vergrößert sie sich ungefähr um das 10-Fache. Bei vielen Frauen kommt es auch zu Geburtsverletzungen, wie einem Dammriss oder -schnitt, der in vielen – jedoch nicht in allen Fällen – genäht werden muss. Der weibliche Körper verfügt aber über eine enorme Regenerationsfähigkeit, sodass sich sich die Scheide nach Geburt zügig wieder vollständig zurückbildet.
- Nach einer vaginalen Geburt stellen viele Frauen auch optisch Veränderungen an ihrem, Genital fest. Gerade in der ersten Zeit kann der Scheideneingang weiter aussehen, so dass die Schamlippen auseinanderklaffen. Die Schamlippen bilden sich mit der zeit auch wieder zurück.
- Auch die Klitoris kann nach der Geburt sehr empfindlich oder verletzt sein. So können etwa Klitoris-Risse auftreten. Ich rate Dir in einem solchen Fall mit Deiner Hebamme oder der Frauenärztin/dem Frauenarzt zu sprechen, damit die Wunde regelmäßig begutachtet wird. Die Klitoris ist für einen klitoralen Orgasmus von zentraler Bedeutung, daher solltest Du mit dem Sex nach der Geburt warten, bis die alle Wunden komplett verheilt sind.
- Wenn es um das Thema „Sex nach Geburt“ geht, spielt auch Scheidentrockenheit eine wichtige Rolle. Nach der Geburt ist der Östrogenspiegel sehr niedrig. Das führt zu einer dünnen Scheidenschleimhaut und somit zu einer sehr trockenen Scheide. Die Folge können Schmerzen beim Sex sein.
Wichtig: Sexuelle Unlust bei Frauen nach der Geburt ist weit verbeitetet.

Hormonchaos, Stillen und sexuelles Verlangen
Nach der Geburt durchläuft Dein Körper zahlreiche hormonelle Veränderungen, die sich auf das sexuelle Verlangen auswirken können. Beim Stillen wird vermehrt Oxytocin – das sogenannte Kuschelhormon – ausgeschüttet, das die Bindung zum Baby fördert, aber auch den Milchfluss aktiviert. Diese regelmäßige Oxytocin-Freisetzung sorgt dafür, dass der Milchspendereflex auch bei Erregung oder einem Orgasmus auftreten kann. Gleichzeitig können die kleinen, hormonellen „Miniorgasmen“, die durch Oxytocin ausgelöst werden, das sexuelle Verlangen mindern. Zusätzlich hemmt das Hormon Prolaktin, das für die Milchbildung verantwortlich ist, die Libido. Der niedrige Östrogenspiegel führt zudem häufig zu vaginaler Trockenheit, die sich jedoch mit etwas Gleitgel leicht lindern lässt.
Mein Tipp: Ich empfehle Dir, mit Deinem Partner offen darüber zu sprechen, damit er beim Geschlechtsverkehr nicht von möglicherweise austretender Muttermilch überrascht wird.

Kostenloses Erstgespräch
Wenn du Fragen rund um die Sexualberatung hast und überlegst, ob eine Beratung mit mir das richtige ist, komm gerne in mein kostenloses Erstgespräch.
Im Gespräch erörtern wir beide zusammen, wo deine möglichen Probleme liegen und ob ich dir dabei helfen kann, diese zu lösen.
Beckenboden
Während der Schwangerschaft wird der Beckenboden stark beansprucht und erschlaffen. Der Beckenboden, der das Becken nach unten hin verschließt und die Organe stützt, trägt das zunehmende Gewicht während der Schwangerschaft und wird bei einer vaginalen Geburt zusätzlich belastet.
Obwohl sich der Beckenboden bis zu einem gewissen Grad von selbst zurückbildet, braucht die stark beanspruchte Muskulatur gezielte Übungen, um wieder vollständig zu kräftigen.
Ein trainierter Beckenboden erfüllt nicht nur wichtige Funktionen für Haltung und Kontinenz, sondern verbessert auch das Sexualleben: Die äußere Beckenbodenschicht verengt den Scheideneingang, was die Empfindsamkeit und die Fähigkeit zum Orgasmus unterstützt. Regelmäßiges Training über mindestens drei Monate hilft, den Beckenboden nachhaltig zu stärken und seine Funktionen zu verbessern.
Mein Tipp: In meinen Rückbildungskursen lernst Du Deinen Beckenboden gezielt und nachhaltig zu trainieren – mit Übungen, die sich leicht in Deinen Alltag integrieren lassen. Schau gerne HIER vorbei, um mehr zu erfahren.
Ich empfehle Dir als Hebamme, im Austausch mit Deinem Partner zu bleiben. Sprich Sorgen ganz offen an, so etwa, wenn Du befürchtest, dass Dein Partner beim Geschlechtsverkehr weniger spüren könnte. Durch die Dehnung der Scheide bei der Geburt, kommt es manchmal zum sogenannten „Lost-Penis-Syndrom“ oder „Laxheit der Scheide“. Die Scheide und der Beckenboden haben sich nicht wieder vollständig zurückgebildet, so dass während des Geschlechtsverkehrs zu wenig Reibung entsteht. Der Penis wie das Wort bereits sagt, ist in der Scheide etwas verloren. Die meisten Männer geben jedoch an, dass Sie beim Sex keinen Unterschied zum Geschlechtsverkehr vor der Geburt merken.
TIPP: Falls Euer Sexualleben jedoch durch vaginale Laxheit leidet und Beckenbodentraining alleine keine Besserung bringt, kann eine „Scheidenstraffung“ oder „Vaginalverjüngung“ eine einfache und effektive Möglichkeit sein, eure Lust wieder zu steigern.

Veränderungen nach der Geburt – körperlich und mental
Nach der Geburt verändert sich nicht nur Dein Körper, sondern auch Deine Gefühlswelt. Viele Frauen erleben im Wochenbett Ängste, Unsicherheiten oder den sogenannten „Baby-Blues“. Diese Stimmungsschwankungen verschwinden meist nach ein bis zwei Wochen von selbst.
Auch die Intimität mit Deinem Partner kann sich verändern. Vielleicht hast Du Angst vor Schmerzen beim Sex, da Vagina und Schamlippen empfindlicher sind und Geburtsverletzungen noch heilen müssen. Ein offenes Gespräch mit Deinem Partner hilft, gemeinsam neue Wege zu finden, die sich für Dich gut anfühlen.
Dein Körper hat in den letzten Monaten Großartiges geleistet, aber das kann Spuren hinterlassen: Dehnungsstreifen, ein weicher Bauch nach der Geburt oder ein paar zusätzliche Pfunde. Manche Frauen fühlen sich dadurch unsicher, andere entdecken ihre Weiblichkeit neu.
Erschöpfung und Schlafmangel durch den neuen Alltag können ebenfalls an der Libido nagen. Hohes Stressniveau und der erhöhte Cortisolspiegel dämpfen oft die Lust auf Intimität. Nutze kleine Ruhepausen, um Kraft zu tanken, und unterstütze Dich mit Deinem Partner gegenseitig. Gemeinsam findet ihr einen neuen Rhythmus – auch für Eure Zweisamkeit.
Mein Tipp an Dich: Gib Dir Zeit und schäme Dich auch vor Deinem Partner nicht. Der Vater Deines Kindes liebt Dich so, wie Du bist! Wenn Du lernst, Dich selbst zu akzeptieren und zu lieben, kannst Du Dich auch beim Liebesspiel leichter fallen lassen.

Männer und Frauen haben unterschiedliche Bedürfnisse
Die Bedürfnisse nach sexueller Nähe sind zwischen Männern und Frauen meist sehr unterschiedlich. Viele Frauen haben in der ersten Zeit nach der Geburt sexuelle Unlust und wünschen sich eher zärtliche Berührungen wie Rücken streicheln, Kopf kraulen und viel Kuscheln. Dazu kommt die neue Lebenssituation, ein weinendes Baby und unruhige Nächte, was dazu führt, lieber fehlenden Schlaf nachzuholen, statt Intimitäten mit dem Partner auszutauschen.
Die Männer, die ja häufig schon in der Schwangerschaft Enthaltsamkeit geübt haben, haben häufig ein stärkeres sexuelles Verlangen als ihre Frauen. So manch ein Mann fühlt sich vor den Kopf gestoßen, oder abgelehnt, wenn seine Frau die Lust auf Sex nach der Geburt nicht erwiedert. Es gibt aber genauso Männer, die nach der Geburt sexuelle Lustlosigkeit verspüren. Auch sie müssen das Geburtserlebnis erst verarbeiten und es kann vorkommen, dass sie vorerst kein Verlangen haben mit der Partnerin zu schlafen. Der erste Sex nach der Geburt kann auch von Seiten der Männer mit Ängste und Unsicherheiten verbunden sein.
Sex nach Geburt ist für die meisten Paare ein großes Thema und auch nicht immer ganz konfliktfrei. Wichtig ist weiterhin im Austausch zu bleiben über dieses wichtige Thema und seine unterschiedlichen Bedürfnisse zu reden. Die Partner sollten verstehen, dass das geringe sexuelle Verlangen keineswegs eine generelle Ablehnung gegen die Person ist.
Sex nach Geburt: Tipps für eine erfüllte Zweisamkeit
- Scheidentrockenheit: Aufgrund des niedrigen Östrogenspiegels ist die Scheidenschleimhaut oft trocken, was Schmerzen beim Geschlechtsverkehr begünstigt. Diese können durch Gleitgel gemildert werden.
- Unangenehme Empfindungen: Nach der Geburt empfinden viele Frauen bestimmte Stellungen oder die Eindringtiefe als unangenehm. Ein offenes Gespräch über Empfindungen und Schmerzen hilft, gemeinsam Lösungen zu finden. Bei anhaltenden Schmerzen beim Sex solltest Du Deine Frauenärztin oder Deinen Frauenarzt aufsuchen
- Narbengewebe am Damm: Am Damm kann Narbengewebe zurückbleiben, das beim Sex unangenehm ist. Massiere es mit neutralem Massageöl, z. B. Johanniskrautöl, in kleinen, kreisenden Bewegungen, um die Geschmeidigkeit zu fördern.
- Empfindlichkeit der Brust durch Stillen: Durch das Stillen ist die Brust oft empfindlich. Ein Gespräch mit Deinem Partner oder das Stillen vor dem Sex kann Abhilfe schaffen.
- Rückbildungsgymnastik: Gezielte Rückbildungsgymnastik stärkt den Beckenboden, beugt Inkontinenz vor und intensiviert Empfindungen beim Sex.
- Verhütung nach der Geburt: Wenn Du nicht schnell wieder schwanger werden möchtest, verlasse Dich nicht auf die herabgesetzte Fruchtbarkeit durch das Stillen. Besprich mit Deiner Hebamme oder Ärztin, welche Verhütung zu Dir passt.
Solltet ihr die Geburt eures Kindes als traumatisch erlebt haben, suchen dich Flashbacks oder Alpträume auf und ist Intimität aufgrund des Erlebten nicht möglich, empfehle ich dir und deinem Partner eine Traumatherapie, um die Geburt zu verarbeiten. Einen geeigneten Therapeuten zu finden, kann manchmal schwierig sein. Als Alternative kann ich Dir aus vollem Herzen den Kurs von Ute Taschner „Schritt für Schritt eine schwierige Geburt verarbeiten“ empfehlen.
Fazit: Sex nach Geburt und Kaiserschnitt
Nach der vaginalen Geburt oder einem Kaiserschnitt kann es eine Weile dauern, bis sich das sexuelle Verlangen wieder einstellt. Es ist wichtig, Dir selbst und Deinem Körper ausreichend Zeit zu geben, um sich von den Strapazen der Schwangerschaft und Geburt wieder vollständig zu erholen. Bleibe auch mit Deinem Partner in einem offenen Austausch und sprecht über Sorgen, Wünsche und Bedürfnisse. Unter Umständen können auch die Gelegenheiten für Zärtlichkeit und Zweisamkeit fehlen. In einem solchen Fall ist es hilfreich, eine kinderfreie Zeit zu organisieren und durch Zweisamkeit wieder Nähe zueinander aufzubauen.